Kinder werden zu Weltenbastler*innen. Sie analysieren und zerlegen Gesellschaftsspiele wie UNO, Werwolf, Make n‘ Break oder Quartett. Aus den Komponenten erschaffen sie neue Spiele.
Viele Gesellschaftsspiele lassen sich anhand ihrer Grammatik (Summe der Regeln) und ihres Alphabets (Summe der Grundelemente) charakterisieren und formalisieren.
Alphabet | Grammatik | |
Schach | 8 schwarze Bauern 8 weisse Bauern 2 schwarze Türme 2 weisse Türme ... |
Der Bauer kann einen Schritt nach vorne ziehen, wenn das Zielfeld leer ist. ... |
Die Grammatik legt dabei die Sprache des Spiels fest: Sie umfasst alle erlaubten Züge. Damit unterscheiden sich viele Spiele nicht grundlegend von einer Programmiersprache. Ihre Grammatik bestimmt, welche Operationen bzw. „Spielzüge“ innerhalb einer Sprache wie Java, Python oder C++ erlaubt sind.
Wie virtuell ist ein Gesellschaftsspiel? Eltern zeigen sich oft besorgt, wenn ihre Kinder in „virtuellen Realitäten“ verloren gehen und ihnen nichts anderes als „gamen“ einfällt.
Um eine virtuelle Realität zu erzeugen, braucht es keine Disney-Filme, Computer oder Egoshooter. Sobald sich Menschen auf ein Spiel wie Schach, Monopoly oder Catan einigen, unterzeichnen sie einen Vertrag mit einer künstlichen Realität. Für eine bestimmte Zeit gelten keine anderen Regeln als die des Spiels. Innerhalb dieser Wirklichkeitsenklaven geht es dann nur um die Überlegenheit des strategischen Geistes, die Macht des Geldes oder die Kolonisierung von unbesiedeltem Land.
Weltenbasteln (engl. world building) ist ein zentraler Begriff in der Science Fiction- und Fantasyliteratur. Mit ihm beschreiben Autor*innen ihre Arbeit: Sie erschaffen Welten, die nach eigenen kulturellen Regeln und physikalischen Gesetzen funktionieren. J. R. R. Tolkien nannte sie „Sekundärwelten“ – Realitäten, die so nachvollziehbar sind, damit „unser Geist sie betreten kann“.
In den frühen 1970er Jahren nutzten Spielentwickler*innen u. a. Tolkiens Welten als Grundlage für sogenannte Pen- & Paper-Rollenspiele, darunter das bekannte Dungeons & Dragons. Aus den erzählreichen Tischspielen gingen ab den frühen 1990er Jahren zig Computerspiele hervor, die Spieler*innen für Tage in eine Sekundärwelt entführen.
Wie eine Minisprache weisen Gesellschaftsspiele ein Alphabet (Figuren, Karten etc.) sowie eine Grammatik (Summe der Regeln) auf. Beides lässt sich verändern.
MottoSpiele sind da, um neu erschaffen zu werden.FächerDeutsch Textiles und Technisches Gestalten MathematikStufeKindergartenPrimarstufe
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Schöne Lektion. Bin interessiert an weiteren.
Wann kommen diese?